Leipzigs Individualverkehr kollabiert zusehends. Dem soll entgegen gewirkt werden, wenn man das so liest. Das klingt wie eine ziemlich gute Idee. Im Leipziger Rathaus wächst der Gedanke, dass der knapp 1 Milliarde Euro teure City-Tunnel nicht ausreicht. Es könnte so weit gehen, dass da noch weiter gebaut (werden muss). Und wie soll das vonstatten gehen? Was wären denn die Vorteile? Und wie kommt man denn überhaupt dazu?
Wenn ich derzeit einmal diagonal durch Leipzig fahren muss, dann bekomme ich derzeit Stresspusteln. Im Nachmittagsverkehr benötige ich mit dem Auto vom Leipziger Nordosten in den Südwesten ungefähr eine Stunde. Ja, das mag an den vielen, vielen Baustellen liegen. Aber es liegt auch an etwas anderem. Innerhalb weniger Jahre soll die Zahl der in der Stadt Leipzig angemeldeten Autos um 10% gestiegen sein. Letztes Jahr waren es um die viertel Million Autos. Fast jeder zweite in Leipzig fährt also Auto.
Leipzig hat ja das große Problem, recht eng bebaut zu sein. Es wird schlichtweg allmählich unmöglich, dem Verkehrsaufkommen gerecht zu werden. Es wird damit gerechnet, dass aus den derzeit rund 560000 Einwohnern der Stadt bis etwa 2030 sogar bis zu 700000 Einwohner werden können. Die müssen alle irgendwie zur Arbeit, Uni, Schule und so weiter und so fort kommen. Und das wird immer beschwerlicher. Mit Verkehrsinseln und Fahrradständern wird man dem drohenden Verkehrskollaps dann also nicht mehr Herr.
Die Konsequenz ist, dass man sich etwas neues ausdenken muss. Ich weiß es aus eigener Erfahrung, dass eine Fahrt mit der Straßenbahn aus besagtem Nordosten in besagten Südosten etwa 70 Minuten dauert. Deshalb muss ein neuer Plan her. Und hier denkt Baubürgermeister Heiko Rosenthal ernsthaft über Tunnel-Lösungen nach. Der Gedanke ist, dass man vielleicht darüber diskutieren könnte, quasi zwei Transit-Tunnel unter Leipzig durch graben könnte: Einen von Nord nach Süd, einen von Ost nach West.
Es geht um den Individualverkehr. Der Durchgangsverkehr wird derzeit sehr oft quer durch die Stadt geführt. Dies bedeutet, dass oftmals der Öffentliche Nahverkehr gar nicht durch das Verkehrsdickicht durch kommt und steckenbleibt. Warum also nicht wenigstens mal darüber nachdenken, ob man nicht doch einen Teil des Verkehrs durch Tunnel-Lösungen abfließen lässt? In dem Zusammenhang fällt mir die Autobahn A72 ein, die bis nach Leipzig gebaut werden soll. Die könnte unter der Stadt bis in den Norden zur Autobahn A14 geführt werden.
Man darf jetzt spekulieren, wie dann die Tunnel geführt werden sollen. Denkbar ist das, was ich hier las. Da heißt es: „Vom Scheibenholz zur Westseite des Hauptbahnhofs, vom Johannis- zum Westplatz„. Man könnte das sogar weiterdenken: Am Scheibenholz könnte die B2 / A72 in den Tunnel geführt werden, der dann nicht nur zum Hauptbahnhof, sondern noch weiter nach Norden zur Maximilianallee führen könnte. Und die B6 (im Westen die Lützner Straße, im Osten die Adenauerallee / Permoserstraße) müsste umgebaut werden, um sie in den Ost-West-Tunnel zu leiten.
So doof finde ich die Idee des Linken-Politiker gar nicht. Einzig das Geld dürfte das riesige Problem werden. Denn der City-Tunnel für die Züge hat knapp 1 Milliarde Euro gekostet. Die beiden Individualtunnel dürften in Summe nicht weniger verschlingen. Und das ist Geld, das die Stadt einfach nicht hat. Aber der Gedanke an sich ist gut und richtig. Warum soll man nicht über unkonventionelle Ideen diskutieren?
Der Öffentliche Nahverkehr soll gestärkt werden. Der Hauptbahnhof soll Dreh- und Angelpunkt für die Straßenbahn sein. Damit würde der Innenstadtring immer unbrauchbarer für Autofahrer werden. Das ginge nur, wenn man Alternativen schafft. Und die wären mit den Tunneln gegeben.
Ob allerdings irgendwer ernsthaft darüber nachdenkt, steht in den Sternen. Die Idee aber ist gar nicht so doof. Oder sehen Sie das anders?