RB Leipzig zu Gast in der Fuggerstadt. Mit Grüßen von der Pleiße und der Weißen Elster. Ein rasantes Spiel lief da zwischen den Puppen und den Dosen. Es war schon eine eigenartige Partie, die durchaus auch unerwartet ausgehen konnte. Das Spiel sahen 28300 im Stadion, davon 1200 aus Leipzig. Damit war die zwischen Feldern liegende WWK-Arena, die 30660 Zuschauer fasst, nicht ausverkauft. Dennoch war es ein gut besuchtes Freitagabend-Spiel.
Trainer Hasenhüttl schickte Gulacsi wie immer ins Tor, Schmitz, Orban, Compper und Halstenberg in die Verteidigung, Sabitzer und Demme ins defensive Mittelfeld, Keita ins zentrale Mittelfeld, Forsberg und Sabitzer ins offensive Mittelfeld und Werner in den Sturm. Also ein 4-2-1-2-1 oder meinetwegen ein 4-2-1-3. Letztgenannter Timo Werner musste das ganze Spiel über übelste Beleidigungen einstecken. Durch eine Aktion vor Monaten läuft er nun Spießruten. Als ob man es nicht irgendwann wieder gut sein lassen könnte. Aber das ist diese Tradition, nicht wahr?
Trainer Baum hingegen musste ein wenig puzzeln, was seine Aufstellung betrifft, aber das kennt man ja in Leipzig aus den letzten Monaten. Und so ergab es sich dann, dass Youngster Danso auflief und ein überraschend gutes Spiel in der Verteidigung machte. Vielleicht sollte sich Dayot Upamecano hier mal Lehrmaterial anschauen. Der FC Augsburg lief eigentlich enorm defensiv auf, und es sah so aus, als ob man den Leipzigern den Ball geben wollte und sich aufs Verteidigen konzentrieren wollte.
Und so gehörte eben die Anfangsphase auch bis auf eine Szenne von Ji komplett RB Leipzig. Das wirkte auch alles sehr gefällig, aber vor allem zwischen den Strafräumen. Wirklich gefährlich wurde das nicht. Ein begonnener Angriff wurde dann allerdings von Naby Deco Keita zu Konstantinos Stafylidis abgewehrt. Dieser wird nur eher halbherzig von Sabitzer bedrängt, und der Grieche kann aus gefühlten 25 Metern in Sonntagsschuss-Manier den Ball in die Maschen hämmern. Er ist bekannt für seine Schüsse, warum also wird da nicht konsequenter verteidigt?
Man ärgerte sich allerdings in den Leipziger Reihen nur kurz. Denn Außenverteidiger Benno Schmitz, der auf eine ziemlich interessante Art diese Position verkörpert, eroberte im eigenen Strafraum den Ball und spielte in präzise zu Keita an der Mittellinie. Der hat ungewohnterweise enorm viel Platz und kann äußerst fein auf Timo Werner passen, der aus 10 Metern verwandeln kann. Eine Unachtsamkeit von Danso, der in dieser Situation das Abseits aufhob.
Und dann wurde es lange Zeit unübersichtlich. Es hätte niemanden großartig wundern dürfen, wenn Schiedsrichter Ittrich öfter Karten gezückt hätte und die Farbgebung dieser nicht nur gelb gewesen wäre. Es war zerfahren, mit Fußball hatte das nicht mehr viel zu tun, und die Teams waren froh, dass Pause war. Die halbe erste Halbzeit war quasi ein Gemetzel, und das gilt für beide Mannschaften. Mit 1:1 in die Halbzeit, so war der Plan.
Die zweite Halbzeit begann mit Dominanz in blau. Die Leipziger hatten das Heft wieder in die Hand genommen und drängten auf die Führung. So prüfte Emil Forsberg Torhüter Marvin Hitz. Der ließ den Ball nur abprallen. Leipzigs alter Mann Marvin Compper machte es dann besser und traf. Der erfahrene Innenverteidiger köpfte aus Nahdistanz und belohnte sich für seine immer konstant guten Leistungen. Und die Dominanz der Leipziger ging weiter, und man hätte noch erhöhen können. Tat man aber nicht, und geriet unversehens in Bedrängnis.
Inzwischen ist auf Augsburger Seite der ehemalige Leipziger Georg Teigl auf dem Feld, der im Hinspiel in Leipzig noch gefeiert wurde. Ein Torschuss von Benno Schmitz entwickelte sich dann allerdings zum Bumerang. Stefan Ilsanker versucht, Koo zu stellen. Allerdings sichert Raul Bobadilla den Ball ab, um den Konter nicht zu gefährden. Orban rückt heraus, es entsteht eine 3:1-Situation mit Koo. Koo versucht, auf Moravek abzuspielen, allerdings fälscht Compper auf Martin Hinteregger ab, der dann Petér Gulacsi zum 2:2 überwand.
Ausgerechnet Hinteregger. Der – wie Georg Teigl einst – vom FC Red Bull Salzburg nach Augsburg wechselte und sich eigentlich schon mal mit RB Leipzig einig war. Jener Hinteregger, der nie seine Klappe in Sachen RB Leipzig gehalten hatte. Auch jener Hinteregger, der gern mal für ein Eigentor gut ist. Nun hatte ausgerechnet er für den Ausgleich gegen RB Leipzig gesorgt. Zahlt man nun 3 Euro ins Phrasenschwein, wenn man sagt, dass das die Geschichten sind, die der Fußball schreibt?
Dass Spiel war da ja noch nicht zu Ende. Es waren ja noch rund 30 Minuten zu gehen. Und dann wurde es seltsam. Man hatte nach wie vor alles soweit im Griff und war auch nicht weiter beeindruckt von dem Ausgleich von „ausgerechnet Hinteregger“. 10 Minuten ging das gut. Dann wurde es irgendwie vogelwild. Bis dahin hatte das Gespann Forsberg-Werner den totsicheren Treffer produziert, den aber der Schwabe noch versemmeln musste. Aber auch so gab es den einen oder anderen Angriff über Forsberg oder Keita. Bis dann rund zur 70. Spielminute.
Plötzlich spielten die Leipziger größtenteils nur noch lange Bälle, die bei Sabitzer und Werner eben nicht ankamen. Augsburg verteidigte konsequent und zum Teil aggressiv. Und sie waren frischer und hatten bis dahin drei Mal gewechselt. RB Leipzig im gesamten Spiel nur einmal (kurz vor Schluss Oliver Burke für Diego Demme). Und so baute der FC Augsburg bis zum Schluss immer wieder Druck auf. Und die Leipziger waren dann zum Teil orientierungs- und hilflos unterwegs. Am Ende bliebt es aber beim 2:2, was ein gerechtes und ausgeglichenes Ergebnis angesichts des Verlaufs ist.
Irgendwie stellt man in den letzten Spielen fest, dass die defensive Stabilität abhanden gekommen ist. Die Geometrie im Defensiv-Verbund ist zum Teil abhanden gekommen. Das war in der Hinrunde noch um einiges besser. Vielleicht sollte sich Trainer Hasenhüttl auf weniger Experimente einlassen, da die Defensive immer das Prunkstück von RB Leipzig war. Keine Frage, Benno Schmitz hatte zum wiederholten Mal ein gutes Spiel absolviert. Die Experimente fanden ja auch in den Spielen davor statt. Und das hat die Verteidigung offenbar noch nicht ganz weggesteckt.
In Augsburg waren sie entschlossen, originell Klorollen zu bepinseln. Heraus kam allerdings geschmackloses Einerlei. So hieß es auf einer Tapete, dass RB Leipzig mit dem DFB und der DFL Hand in Hand gehen würde und damit der Fußball an die Wand gefahren werden würde. Und es waren unterirdische Beleidigungen gegenüber Timo Werner zu hören, die von Hurensohn über Schwalbenkönig bis hin zu weiteren Beleidigungen gingen. Wegen eines Fehlers, den der Junge vor Weihnachten mal gemacht hat? Wenn Augsburger Leipziger Spieler zusammen treten, ist das aber Tradition?
Etwas irritiert waren alle, dass Ralph Hasenhüttl nur einmal wechselte. Dabei hat er ja durchaus enorme Qualität auf der Bank sitzen. Ich meine, wenn das Team schon mit hohen Bällen um die Ecke kommt, dann bringe ich doch einen Strafraum-Stürmer wie Davie Selke und keinen Seitenlinien-Putzer wie Oliver Burke, oder? Wenn, dann vielleicht beide. Vor allem seit der Verletzung von Yussuf Poulsen hätte man sich Selke durchaus häufiger auf dem Platz vorstellen können. Auch für Dominik Kaiser wird es immer schwieriger, Spielzeit zu bekommen. Alles sehr seltsam, wie ich finde.
Die Leuchttürme in den Leipziger Reihen waren meiner Meinung nach Benno Schmitz, der sich fantastisch eingespielt hat, Naby Keita und Emil Forsberg. Stefan Ilsanker sackte seine fünfte gelbe Karte ein und fehlt nächste Woche zuhause gegen Wolfsburg. Dass wäre die Chance, entweder Rani Khedira in die Startelf zu stecken oder Naby Keita auf die 6 zu stellen, Marcel Sabitzer zurück ins Mittelfeld zu holen und Davie Selke einen Einsatz von Anfang an zu ermöglichen. Wer weiß, was die Zukunft dazu zu sagen hat.
Alle bescheinigen dem Spiel einen rassigen oder rasanten Charakter. Es war zwar zeitweise sehr zerfahren und blankes Stückwerk. Aber es war nun nicht überhart geführt. Von keinem Spieler. Es bleibt aber am Ende dabei, dass Hasenhüttl mutiger werden muss und sein Team flexibler einstellen muss. Die System-Anpassung ist ja schon ein Anfang, aber RB Leipzig ist nach wie vor berechenbar. Und das merkt man den Gegnern auch an.