Das Kunstprodukt von der Pleiße empfing den Traditionsclub vom Niederrhein. So in etwa kann man das überschreiben, was gestern in Leipzig stattfand. RB Leipzig trat gestern im „Wohnzimmer“ gegen den VfL Borussia Mönchengladbach an. Unterm Strich kann man das Spiel als „Match auf Augenhöhe“ abhaken. Der Aufsteiger bleibt auch im vierten Spiel in der Bundesliga ungeschlagen. Und das ist dann schon eine ziemlich beachtliche Leistung. Zumal ja „die Fohlen“ als Champions League Teilnehmer nicht irgendwer sind.
Wie bei so ziemlich jedem Spiel der Leipziger kam es im Vorfeld zu diversen Nickligkeiten. So ergossen sich wieder Leute darin, RB Leipzig als Kunstprodukt abzustempeln. Ich bin es – ehrlich gesagt – leid, immer wieder dazu Stellung zu beziehen. Fakt ist, dass Mannschaft und Fans eine großartige Stimmung fabrizieren, sodass man dem Verein nicht unbedingt fehlende Leidenschaft unterstellen kann. Bestenfalls der große Einfluss von Red Bull und – wenn überhaupt – die fehlende Tradition dürfen kritisiert werden. Aber sei’s drum.
Die „roten Bullen“ traten mit Gulácsi im Tor, Bernardo, Orban, Compper und Halstenberg in der Abwehr, Demme und Ilsanker im defensiven Mittelfeld, Kaiser und Sabitzer im offensiven Mittelfeld und Poulsen und Werner im Sturm an. Mit der Zeit wurden Sabitzer durch Forsberg, Compper durch Papadopolous und Werner durch Burke ersetzt. Am Ende versprach die Aufstellung, dass sich der Aufsteiger nicht hinter den Favoriten verstecken würde.
Die gesamte Partie bleib heiß umkämpft. Neunzig Minuten lang. Ich habe das Ganze via Twitter mitbekommen. Man kann sagen, dass die erste Halbzeit an die Hausherren und die zweite Halbzeit an die Gäste ging. Folgerichtig brachte Timo Werner RB Leipzig nach 6 Minuten in Führung und glich Fabian Johnson kurz vor Schluss für die Gäste aus. Einen kompletten Spielbericht lesen wir an diesem Morgen unter anderem hier. Alles in allem ein sehr intensives Spiel über 90 Minuten, bei dem das Remis als Ergebnis in Ordnung geht. Wäre die Abwehr am Ende wacher gewesen, hätte RB Leipzig vielleicht auch dieses gewonnen.
Bemerkenswert an dem ganzen Spiel war die Situation, dass sich Borussia Mönchengladbach als Champions League Teilnehmer wesentlich mehr über das Unentschieden gefreut hat als RB Leipzig als Aufsteiger. Daran merkt man aber auch, dass das Schubert-Eberl-Team mit der desaströsen Auswärts-Schwäche einen gigantischen Rucksack mit sich herumträgt. RB Leipzig kann sicherlich am Ende mit dem einen Punkt sehr zufrieden sein, denn man bleibt als Aufsteiger ungeschlagen.
Und in Sachen Tradition muss ich noch loswerden, wie verbunden die Fans mit RB Leipzig sind. Der am Knie verletzte Lukas Klostermann grüßte vor dem Spiel durch die sozialen Netzwerke. Er trägt die Rückennummer 16. Und folgerichtig war die 16. Spielminute elementar wichtig, da Fans allerlei Genesungswünsche hochhielten und ein Trikot mit seiner Nummer gezeigt wurde. Klostermann als einer der Leistungsträger der RB Leipzig Rasselbande war aufgrund seiner Kreuzband-OP gar nicht im Stadion, aber trotzdem omnipräsent.
Die Gladbach-Fans wiederum hatten beschlossen, die ersten 19 Minuten als Protest gegen das „Kunstprodukt“ zu schweigen. 19:00 deshalb, weil die Borussia im Jahr 1900 als FC Borussia gegründet wurde. Danach wollten sie lautstark ihre Mannschaft unterstützen. Nicht sehr originell, weil das andere Fangruppen in der Vergangenheit weitaus besser gemacht haben. Eindruck hatte das Ganze jedenfalls nicht hinterlassen, anders als vor Jahren die Fans von Hansa Rostock.
Wie dem auch sei, RB Leipzig beendet den Spieltag als Tabellen-Sechster und braucht weiterhin keinen unnötig hohen Respekt gegenüber irgendeinem Gegner zu haben. Klar wäre mehr drin gewesen. Aber wir wollen mal alle nicht zu viel verlangen. 8 Punkte und 8:3 Tore nach vier Spieltagen ist als Aufsteiger aller Ehren wert. Und mehr muss man eigentlich nicht dazu sagen. Als nächstes geht es nun nach Köln, zum Team der Stunde. Auch hier wird RB Leipzig wieder alles abverlangt. Darum ist das Glas in Sachen Mannschaftsleistung halb voll und keineswegs halb leer. Denken Sie nicht auch?