Stefan Kutschke ist zur Unfigur der Fans von RB Leipzig geworden. Der Dresdner Stürmer nahm gestern RB Leipzig auseinander und verspottete die Fans. Aus dem früher so beliebten Spieler von RB Leipzig ist ein quasi Hassobjekt der Fans des unbeliebten Clubs aus der Messestadt geworden. Schon heißt es, dass es Kutschke war, der schuld am Ausscheiden von RB Leipzig war. Aber dass das prestigeträchtige Sachsen-Derby gestern für Dresden ausging, lag nicht nur am Dresdner Spieler. Meine Eindrücke zum gestrigen Gipfel im Großen Garten schreibe ich mal kurz auf.
Wenn man wie RB Leipzig auftritt, braucht man sich nicht über ein Ausscheiden zu wundern. Zur Halbzeit-Pause stand es gesichert 0:2 für die Gäste aus der Messestadt. Nach einer Viertelstunde ging die Hasenhüttl-Elf durch Marcel Sabitzer in Führung. Und mit dem Halbzeit-Pfiff stand es durch einen Hand-Elfmeter, der durch Kapitän Dominik Kaiser verwandelt wurde, dann eben 0:2. Ein gutes Zeichen, die Partie vor knapp 30000 Zuschauern in der DDV-Arena schien im Griff zu sein.
Allerdings rechnete niemand mit dem ehemaligen Spieler von RB Leipzig, Stefan Kutschke. Erst verursachte der überforderte Benno Schmitz als Ersatz für den Olympioniken Lukas Klostermann einen Foul-Elfmeter, der durch Kutschke verwandet wurde. Kurz nach Wiederanpfiff war das. Und 12 Minuten vor Ende der regulären Spielzeit glich eben jener Kutschke auch noch aus. Die Tore fielen auch, weil die Neuhaus-Elf taktisch anders auflief. Der erfahrene Trainer hatte festgestellt, dass RB Leipzig gewohnt anfällig in der Abwehr ist, noch dazu wo Klostermann fehlte und Compper nicht gänzlich fit war.
Die Bilder aus vielen, vielen früheren Spielen wurden auch hier wieder gezeigt: Die Hasenhüttl’sche Abwehr Benno Schmitz, Willi Orban, Stefan Ilsanker (vertrat erst Compper) und Marcel Halstenberg rannte zeitweise herum wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen. Daran wurde auch gezeigt, dass die Abwehr, wenn die nominellen Spieler im Einsatz sind, zwar sicher ist, aber sobald jemand nicht da ist (wie gestern Klostermann und in Teilen Compper), fällt das Gebilde in sich zusammen, sobald Gefahr droht.
Der nominelle Partner von Willi Orban in der Innenverteidigung, Marvin Compper, kam zwar noch vor dem Ausgleich, aber wenn der Wurm drin ist, funktioniert die gesamte Abwehr nicht. So war das aber auch vorn: Man spielte gefällig, aber nicht eben erfolgreich. Was sich bereits letzte Saison abzeichnete, setzte sich gestern in Dresden fort. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob die Spieler nicht wissen, wo das Tor steht. Das große Problem der Offensiv-Kräfte Dominik Kaiser, Emil Forsberg (dann ersetzt durch Compper), Marcel Sabitzer (in der Verlängerung ersetzt durch Zsolt Kalmar), und Yussuf Poulsen schlossen einfach zu wenig ab.
Und in der Zentrale? Wie war das mit Diego Demme und Naby Keita (später ersetzt durch Timo Werner)? Der Eine sollte vor der Abwehr abräumen und sich durch seine Schnelligkeit offensiv in Szene setzen, der andere sinnvoll das Spiel aufbauen. Demme war gewohnt ballsicher und der Vorbereiter des Sabitzer-Tores. Alles in allem ordentlich. Aber Keita. Er wurde als Spiel-Dirigent und Spiel-Eröffner aus Salzburg geholt. Allerdings zeigte er sich nach wie vor fehleranfällig und wenig passgenau. Zu guter Letzt verletzte er sich auch noch.
Es war alles in allem kein glückliches Spiel. Als dann noch im Elfmeter-Krimi Dominik Kaiser, der sonst nachts geweckt werden kann und einen Standard verwandelt, am Dresdner Torhüter Schwäbe scheiterte und im Gegenzug Gulasci den Ball durchließ, war das Spiel dann gelaufen. Was wäre denn dann am Ende die Erkenntnis? Wenn man so in den ersten Minuten nach dem Ausscheiden den Fans von RB Leipzig über Twitter glauben konnte, hätten sich Ralph Hasenhüttl und Ralf Rangnick gleich eine komplett neue Mannschaft suchen können.
Nein, es war wohl eher ein Mix aus Aspekten: Die Abwehr bestand zum Teil aus Aushilfskräften, das defensive Mittelfeld in Form von Keita muss sich noch im deutschen Fußball akklimatisieren, das offensive Mittelfeld ist noch nicht quirlig genug, und der Sturm nicht abschlussfreudig. Zudem ein Gegner, der bereits im Liga-Modus ist. Aber das darf nicht die Leistung entschuldigen. Irgendwie hat man immer das Tönen gehört, dass man wisse, was man tue, und dass man gut gerüstet ist. Nein, es war nicht alles schlecht in Dresden. Aber es ist noch sehr ausbaufähig.
Unschöne Szenen gab es auch. Ein zündelnder RB-Fan in Leipzig, ein blutiger Bullenschädel im Stadion, hässliche und unwürdige Spruchbänder und all das. Aber alles in allem war das größtenteils ein fast völlig normales Derby zweier sächsischer Fußball-Vereine. Der Eine wurde auf Drängen des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit vor 50 Jahren gegründet, der Andere auf Initiative eines österreichischen Getränkeherstellers vor 7 Jahren. RB Leipzig muss noch dazu lernen und in den Wettkampf-Modus wechseln. Und das muss schnell geschehen, will man nicht unter die Räder kommen.
In der Bundesliga kann es für das Hasenhüttl-Team in der bevorstehenden Saison um nichts anderes als den Klassenerhalt gehen. Dieser Meinung bin ich aber schon länger. Daran hat sich nichts durch das Ausscheiden geändert. Als Aufsteiger darf man doch auch keinerlei anderen Ziele haben, oder? Jetzt geht es darum, das Spiel in Dresden aus dem Kopf zu bekommen und den Liga-Auftakt in Sinsheim hinzubekommen. Gern kann man aber den ausführlichen Bericht zum gestrigen Gipfel nachlesen.